Neue Fahne für die Horner Schützen

Herbern. Stich für Stich zum neuen Schmuckstück: In den Caritas-Werkstätten Nordkirchen dürfen weder die Geduld noch der Faden reißen, damit das Projekt für den Schützenverein Horn im Sommer abgeschlossen wird. Der Herberner Verein gönnt sich eine neue Fahne und lässt sie in der Schlossgemeinde sticken. Seit Weihnachten entsteht mit Nadel und Faden auf Samt und Seide das Bild der erst zweiten Fahne in der 105-jährigen Vereinsgeschichte.

Nummer eins stammt aus dem Jahr 1920 und ist dort mit 800 Mark auf der Ausgabenseite im Kassenbuch zu finden. In den 1960er Jahren wurde sie mangels Veranstaltungen in den Schrank gestellt, die Zukunft des Vereins stand auf der Kippe. Mit dem Neustart ab 1969 wurde auch die alte Fahne wiederentdeckt und 1975 für 2000 Mark in Münster restauriert. Knapp 50 Jahre später macht ein erneutes Aufpeppen keinen Sinn. Deswegen entschied der Vorstand, eine neue Fahne herstellen zu lassen. „So viele Angebote gibt es dafür nicht. Nordkirchen liegt vor der Haustür, dort ist echte Handarbeit angesagt. Das finde ich schon sympathisch“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Johannes Schulze Horn. Nach einem Gespräch mit der Aschebergerin Cornelia Hanke, die in den Caritas-Werkstätten die Abteilung leitet, stand für die Horner fest: Dort lassen wir unsere Fahne sticken. Schulze Horn erklärt: „Das wird ein Unikat. Und Frau Hanke ist mit großer Leidenschaft dabei. Das wird gut da.“ Mit den Gastgeschenken zum 100-jährigen Vereinsbestehen 2019 lässt sich das neue Schmuckstück, das deutliche teurer als eine maschinengefertigte Alternative ist, auch finanzieren.

Das „Kreativteam Fahne“ der Horner wollte eine moderne Version in Auftrag geben. So wurden die beiden Seiten der Fahne mit einer Bildbearbeitung am Computer leergeräumt und neu befüllt. Das Horn, das für die Bauerschaft steht, dominiert eine Seite. Nummer zwei zeigt die Femelinde über der die beiden Gewehre der alten Fahne gekreuzt sind. Dazu kommen in den vier Ecken die Hornequelle, der „letzte Wolf“ – der letzte westfälische Isegrim wurde 1835 schließlich in Horn erlegt -, das Schloss Westerwinkel und das „Hörnchen“, die Vereinskanone.

In Nordkirchen hat Paramentenstickerin Cornelia Hanke die Idee des Horner Kreativteams auf Pergamentpapier aufgezeichnet – die Femelinde nach einem Foto des Baumes an der Capeller Straße. „Dann haben wir die Kanten mit einer feinen Nadel geprickelt und das Papier auf die künftige Fahne gelegt. Mit einem Schwamm ist Blaupulver durch die Löcher gewischt worden. So sind die Konturen auf die neue Fahne gekommen. Mit Brennspiritus haben wir sie fixiert. Dabei darf kein Fehler passieren, denn was dann drauf ist, geht nicht mehr weg“, informiert Hanke. Die Aschebergerin hat den Beruf vor 39 Jahren in ihrer ostwestfälischen Heimat bei Nonnen in einem Kloster gelernt und ist nach der Ausbildung gleich nach Nordkirchen gewechselt, wo sie mit den Mitarbeitern neben rund fünf Fahnen pro Jahr vor allen Dingen auch Gewänder für Priester entstehen lässt. Sie sagt über sich selbst, eine der „letzten dieser Art“ zu sein.

Die 1,20 mal 1,20 Meter große Fahne erhält eine Seite aus grünem Samt und eine aus heller Seide. Beim hellen Stoff ist Rita damit beschäftigt die Femelinde zu gestalten. „Die Felder sind vorgegeben, dann gebe ich der Stickerin die farbigen Fäden und sie wählt nach ihrem Geschmack die Farbe aus“, informiert Hanke. „Das sieht toll aus“, ist Steffi Hülsmann aus dem Horner Kreativteam bei einem Besuch begeistert. Mit einem goldenen Faden ist die Herbernerin Jaqueline auf dem grünen Samt am Horn beschäftigt. Hier wird auch mit einer Borde bearbeitet. Die rote Farbe des Horns hat Paramentenstickerin Hanke übrigens genutzt, um die Buchstaben auf der anderen Seite schattenmäßig einzurahmen: „Da fehlte mir etwas Farbe“, erklärt die Fachfrau und findet den Applaus der Gäste.

Stich für Stich, Stunde um Stunde – es wird ungezählt noch einige Zeit dauern bis die beiden Seiten zu einer Fahne vereinigt werden. Für die Schlaufen wird das einzige Mal bei der Arbeit eine Maschine eingesetzt werden. Das Anbringen der Fransen und das Zusammennähen sind dann echte Handarbeit. Und weil alles von Hand geschieht, können die Horner sicher sein, ein Unikat zu erhalten. „Auch wenn wir es versuchen würden, ganz genau bekämen wir die Fahne im zweiten Anlauf nicht wieder so hin“, sagt Hanke.

Text: Theo Heitbaum

Die alte Fahne der Horner Schützen hat ihre Pflicht erfüllt. Die neue Fahne wird bald ihre Premiere feiern.

© Theo Heitbaum

Stich für Stich wurde die neue Fahne der Horner Schützen zum Leben erweckt.

© Theo Heitbaum