Datum
30.05.2024 AutorIn
Isabel Schütte Andreas Fabritius wirkt entspannt, seine Hände – was selten genug ist – ruhen. Sie sind Arbeit
gewohnt, können zupacken, mal mehr, mal weniger kräftig: Steine schleppen, Hammer und Meißel
schwingen, aber auch eben filigran, mit Stift und Papier. Doch nun legt der Bildhauermeister und
staatl. anerkannter Gestalter das Werkzeug aus der Hand. Nach über 47 Jahren geht der 64-
Jährige in den Ruhestand.
Aufträge werden schon seit Anfang des Jahres nicht mehr angenommen. Derzeit müssen noch alle
Rest-Aufträge abgewickelt werden. Dieses wird mindestens noch ein gutes halbes Jahr andauern.
Und danach? Andreas Fabritius selbst will in Teilzeit-Rente, wie er sagt. „Einen Teil der Werkstatt
will ich behalten. Ich möchte in Zukunft nur noch das machen, was mir Spaß macht. Vielleicht noch
die kleinen Hausgeister herstellen, die ich seit drei Jahren selbst erfunden habe. Viele Maschinen
werden jetzt verkauft, Auftragsarbeiten werden nicht mehr angenommen.“
Grabmale von fabritus.art, die Adresse an der Bergstraße, gibt es gefühlt seit einer Ewigkeit.
Sitzen, Papier wälzen, und im Büro Akten abarbeiten. Das wäre nichts für Andreas Fabritius
gewesen. Ende der 1970er wollte er etwas Kreatives machen und schaffen. Der Beruf des
Bildhauers war wie für ihn geschaffen. Gesagt, getan. Doch nicht nur der Bildhauer sollte es sein,
auch die Meisterprüfung wurde abgelegt. Zudem ist Andreas Fabritius staatlich anerkannter
Gestalter.
Im Laufe der Jahrzehnte machte sich der 64-Jährige in Herbern und weit über die Ortsgrenzen
hinaus einen Namen. Sein Name steht für Qualität und Kreativität. Rund fünfzig Auszeichnungen
kann er in seiner Vita abrufen, davon vier mal Bronze bei Bundesgartenschauen an denen er
künstlerisch mitgewirkt hat. Ebenso hat sich der Herberner künstlerisch in Skulpturen, Bildstöcken,
Madonnen oder sogar einem Brunnen verwirklichen können.
Bei den Grabsteinen flossen ebenfalls immer eigene Ideen und Umsetzungen in die Gestaltung
hinein. Egal, ob schwarz, bunt marmoriert oder weiß, ob Marmor, Granit oder Sandstein, es wurde
alles möglich gemacht was eben ging. In diesem Beruf hat sich in den letzten vier Jahrzehnten
vieles getan. Früher reichte eine Planskizze, ein paar Daten, dann stand der Stein wenig später
auf dem Grab. „Heute ist deutlich mehr drumherum, braucht es vier, fünf Anträge, bis es soweit ist.
Das kostet schon viel Zeit und Nerven.“Fabritius schmunzelt dazu, keine Frage, die Bürokratie,
soviel scheint sicher, wird er nicht vermissen.
Die Arbeit durchaus hart, auch mal schwer, wenn zugepackt, wenn Steine bewegt werden müssen,
ist der Beruf zugleich ein Spagat. „In der Werkstatt, wo Maschinen laufen, ist es staubig und
dreckig“, so der Herberner Bildhauer. Das Handwerk ist aber nur ein Teil des Berufes. Dann gibt es
die andere Seite, die so gar nicht rau sein darf: „Gespräche mit Angehörigen, die den richtigen
Stein für die Grabstelle suchen.“ Fabritius hat unzählige solcher Begegnungen hinter sich: „Man
muss Menschen mögen, auf sie zugehen, mit ihnen reden können“, weiß der Steinmetz. „Wir sind
zwar keine Bestatter, sind erst Monate nach dem Todestag gefragt, dennoch ist bei vielen solcher
Gespräche oftmals die Trauer zu spüren. Da fühlt man mit.“ Mehr als 1000 Grabsteine tragen
Fabritius Handschrift, viele davon auf dem Herberner Friedhof, auch die Gedenkstätte wird hier gut
angenommen.
Und dennoch bleibt das eine oder andere Missgeschick nicht aus. Fabritius erinnert sich an einen
Fall, wo eine falsche Zahl auf dem Grabstein stand und er es selbst nach der Fertigstellung in
Augenschein nahm. „Einen Tag vor Allerheiligen, da war die Laune nicht so gut. Der Fehler
wurde behoben, aber mit viel Arbeitsaufwand. So etwas passiert eben", betont der neue Ruheständler. Mit dem Rückzug von Andreas Fabritius aus dem Tagesgeschäft geht ein Stück Herberner Geschichte zu Ende. Ein kleiner Trost bleibt, weiß Fabritius. „Meine Handschrift ist überall in meinen geschaffenen Projekten sichtbar, und somit bin ich auch gar nicht richtig von der Bildfläche verschwunden."