Die Femelinden in Herbern und Horn sind stille Zeugen mittelalterlicher Gerichtstradition
Herbern. Zwei mächtige Linden verbinden Herbern mit einer Zeit, in der Recht noch unter freiem Himmel gesprochen wurde. Die Femelinden am Schüttwall und in der Bauerschaft Horn sind lebendige Zeugen dieser alten Rechtskultur und zählen zu den bedeutendsten Naturdenkmalen der Region.
Gericht unter freiem Himmel
Im Mittelalter gehörten Herbern und Horn zur Freigrafschaft Wildeshorst, einem großen Rechtsbezirk im südlichen Münsterland. Hier wurden unter der Leitung von Freigrafen die sogenannten Femegerichte abgehalten. Diese besaßen den Blutbann – das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden.
Gerichtet wurde unter freiem Himmel, häufig unter Lindenbäumen. Diese sogenannten Femelinden galten als Orte der Wahrheit und des Schutzes. Unter ihrem Blätterdach fanden öffentliche Verhandlungen statt, zu denen jeder Zutritt hatte.
Die Femelinde am Schüttwall
Mitten im Herzen Herberns, am Schüttwall / Ecke Lindenstraße, steht bis heute eine dieser historischen Gerichtslinden. Sie ist etwa 400 Jahre alt und markiert einen Ort, an dem über Jahrhunderte hinweg Recht gesprochen wurde.
Unter der Linde tagte einst das Femegericht der Freigrafschaft Wildeshorst. Verhandelt wurden schwere Straftaten wie Mord, Raub und Totschlag, aber auch Besitz- und Ehrstreitigkeiten.
Eine Infotafel des Heimatvereins Herbern erinnert an die Geschichte des Baumes. Der Verein kümmert sich um seinen Erhalt und macht damit ein Stück Rechtsgeschichte sichtbar, das sonst längst in Vergessenheit geraten wäre.
Die Femelinde in Horn
Nicht weit entfernt, in der Bauerschaft Horn an der B54 bei der Abzweigung Capelle, steht die zweite Femelinde. Auch sie war Schauplatz von Gerichtstagen der Freigrafschaft Wildeshorst. Ihr mächtiger Stamm und die weit ausladende Krone lassen erahnen, welche Bedeutung der Ort einst hatte.
Die Linde in Horn steht auf privatem Grund, ist aber weithin sichtbar und gilt als markantes Natur- und Kulturdenkmal. Zusammen mit der Herberner Gerichtslinde bildet sie ein einzigartiges Zeugnis mittelalterlicher Rechtsgeschichte im Münsterland.
Erinnerung an eine alte Rechtskultur
Beide Linden sind stille Mahnmale einer Zeit, in der Gerechtigkeit öffentlich und im Einklang mit der Natur gesucht wurde.
Während heute Gesetze in Gerichtssälen verhandelt werden, erinnern die alten Linden daran, dass Recht einst dort gesprochen wurde, wo das Leben stattfand – unter freiem Himmel, im Zentrum der Dorfgemeinschaft.
Ein drittes Denkmal der Geschichte
Als ergänzendes Wahrzeichen steht die alte Sommerlinde auf Schloss Westerwinkel, deren Alter auf bis zu 450 Jahre geschätzt wird. Auch sie ist Symbol für Beständigkeit und historische Verwurzelung – und verbindet die Region bis heute mit ihrer langen Tradition.
Die Femelinden in Herbern am Schüttwall ist stiller Zeuge mittelalterlicher Gerichtstradition.