Leserbrief - Denn verschlossen war das Tor auf Westerwinkel

Nein, wir sind keine Ureinwohner von Herbern, doch wir leben seit 50 Jahren in

diesem Dorf, unserer Wahlheimat. Das naheliegende Schloss hat es uns bis

heute angetan. Bis heute?

 

Als wir gestern wieder einmal unseren Spaziergang durch die Wälder von

Westerwinkel am Schloss beenden wollten, standen wir vor einem großen

verschlossenen Tor, verstärkt durch seitlich angebrachte Drahtgitter. Wir hatten

es schon im Dorf gehört: Graf von Merveldt bewohne nun sein Schloss und habe

drei Ungetüme von Toren anbringen lassen, um seine Privatsphäre zu schützen.

Er sei schließlich Eigentümer des Schlosses und habe das Recht, sich

aufdringliche Besucher vom Halse zu halten. Die Tore seien ja auch nur an den

Wochenenden und an den Abenden verschlossen...

So weit, so gut. Es ist durchaus nachzuvollziehen, dass der Eigentümer sein

Recht auf Ruhe, Ordnung und Sicherheit nach vielen Jahren „Wildwuchs“

beanspruchen kann. Trotzdem wagen wir hartnäckig nachzufragen: Warum

gleich drei mächtige Tore, die die Gesamtansicht von Westerwinkel derartig

verschandeln, dass einem weh ums Herz wird? Hätte nicht eine Absperrung

gereicht? Ist dieser stimmungsvolle Blick auf das Schloss mit seinen Gräften

dem Grafen es nicht wert, erhalten zu bleiben? Ist das Eigenwohl des Besitzers

und seines (im Schlossbezirk wohnenden) Verwalters so wichtig, dass Erholung

suchende Menschen keine Rolle mehr spielen? Müssen sie jetzt viel Weitere

Wege gehen, um „eine Runde ums Schloss“ zu drehen und finden nicht mal eine

Bank zum Erholen? Sind die Bestimmungen des Denkmalschutzes ausreichend

geprüft worden, um das Ensemble Schloss und Park zu erhalten?? Hätte es nicht

gereicht, die Brücke über die Innengräfte zu heben, wenn man ungestört sein

möchte? Oder das vorhandene Tor im Torbogen zu schließen? Ist die

Verhältnismäßigkeit der Mittel zum Schutz der Privatsphäre gewahrt worden,

gemessen an den Bedürfnissen der Besucher?

 

Nein, das sehen wir ganz realistisch: die Bollwerke werden nicht von heute auf

morgen verschwinden. „Durchlässige Zäune“ wünschen wir uns. Ein wenig

mehr Sensibilität im Abwägen von persönlichen und öffentlichen Interessen, ein

vertieftes Nachdenken über juristische Gesichtspunkte des Denkmalschutzes,

vielleicht sogar eine öffentliche Diskussion über die Maßnahmen hätten dem

Image des gräflichen Hauses in Herbern sicherlich nicht geschadet.

 

Gabriele und Bruno Cramer

Schüttwall 29

59387 Ascheberg